ICE 3 - die Drehgestelltypen

Die Drehgestelle im ICE 3


Aufgrund des Triebwagenzug-Konzepts und der erhöhten Geschwindigkeiten bis zu 330 km/h und dem damit verbundenen höheren Anforderungen an den Fahrkomfort wurde die Drehgestellkonzeption weiter verfeinert. Bei der Entwicklung mussten deshalb die Punkte Höchstgeschwindigkeit bis zu 363 km/h, Schwingungsverhalten, Schallabkopplung sowie eine kostengünstigere und effektive Instandhaltung (Lice-Cycle-Costs LCC) beachtet werden. Bei der Suche nach dem optimalen Drehgestell wurde zunächst auf das Laufdrehgestell SGP 400 von Siemens aus dem ICE 2 und das Koppelrahmen-Drehgestell HLD-KL (Erprobung ICE V) zu Grunde gelegt. Die Drehgestellentwicklung erfolgte letztendlich durch Siemens SGP und Adtranz in Zusammenarbeit mit der DB AG. Als Ergebnis entstand das weiterentwickelte Drehgestell SF 500 ICE 3. Die Entwicklung oblag Siemens GP, die Herstellung erfolgte in Granz und im Adtranz-Werk Siegen. Als Auftragslieferant beteiligt sich auch Bombardier Vetschau an der Herstellung.

Die Drehgestelle unterschieden sich in:

  • Triebdrehgestelle für EW 1 und EW 8
  • Triebdrehgestelle für SW 3 und SW 6
  • Laufdrehgestelle für TW 2, MW 4, MW 5 und TW 7


Die Trieb- und Laufdrehgestelle sind weitgehend baugleich. Die Drehgestellrahmen sind als doppelter H-Rahmen in Form einer Schweiß-Verbundkonstruktion ausgeführt. Sie besteht aus zwei steifen und stark durchgekröpften Langträgern. Diese Langträger sind durch eine Querverbindungskonstruktion, die wiederum aus zwei rohrförmigen Querträgern durch Querpufferkonsolen verbunden sind, verbunden. Sie sind aus Stahlblechen in Kastenform zusammengeschweißt. Im Bereich der Luftfederaufnahmen wurden Schottbleche eingeschweißt. Durch eine ausgewählte Kombination von Blechen, Schmiedeteilen, Gussteilen und Rohren konnte eine Gewichtsreduzierung erreicht werden.

Die Radsatzlenkung ist als Schwingenführung ausgeführt. Das Radsatzlager-Oberteil ist im Achslenker integriert. Durch diese Konstruktion können die Radsätze schnell ausgetauscht werden. Die Primärfederung besteht aus einer doppelten Schraubenfeder. Der parallele Primärdämpfer ist als Abhebesicherung ausgeführt. Der Radsatzabstand beträgt 2.500 mm.

Die Radsätze sind in Zylinder-Rollenlagern gelagert. Sie sind unter anderem bestückt mit Wegimpulsgeber, Schutzerdkontakte, Gleitschutz- und Laufachsimpulsgeber. Die Sekundärfederung besteht aus zwei Luftfedern je Drehgestell. Als Notfedern wurden in den Luftfedern Gummikonusfedern integriert. Das Zusatzvolumen ist in einer am Wagenkasten befestigten Traverse untergebracht. Sie ist direkt mit den Luftfederbälgen verbunden. Die Luftfedersteuerung ist als Zweipunktsteuerung ausgeführt.

Ein Vertikaldämpfer kam nicht mehr zum Einsatz, eine Wankstütze genügt. Die Übertragung der Zug- und Bremskräfte auf den Wagenkasten erfolgt über einen Drehzapfen, der durch eine Montageplatte an der Traverse befestigt ist. Das Drehzapfenlager wird über Lemniskatenlenker an den Querträgern des Drehgestellrahmens befestigt. An der Montageplatte des Drehzapfens ist beidseitig ein Querdämpfer angelenkt. Zwei Querpuffer vervollständigen die Querfederung. Dadurch wird ein gleisschonendes Fahrverhalten in Gleisbögen gewährleistet. Die Schlingerdämpfung erfolgt über jeweils zwei paarweise angeordnete Dämpfer, die am Drehgestellrahmen und über eine am Wagenkastenlangträger angeschraubte Konsole befestigt sind. Im Falle eines Ausfalls eines Schlingerdämpfers übernimmt der andere seine Aufgaben in eingeschränkter Form, die Höchstgeschwindigkeit beträgt dann 200 km/h. Ferner gibt es eine Querspielbegrenzung, die aus einer Rolle sowie einer Konsole mit Führungskulisse besteht.


Laufdrehgestelle
Die Laufdrehgestelle der Baureihen 403 und 406 unterscheiden sich in der Anzahl der Bremsscheiben. Bei der Baureihe 403 sind je Radsatz zwei Wellenbremsscheiben vorhanden. Die Baureihe 406 verfügt dagegen über jeweils drei Wellenbremsscheiben pro Radsatz. Die Laufdrehgestelle sind zudem mit linearen Wirbelstrombremsen ausgerüstet. Die Hauptsteuerelemente dafür sind am Drehgestellrahmen befestigt. Die exakte Führung der Elektromagneten über der Schiene erfolgt durch balggeschützten Tragarmen sowie durch Lenker.


Triebdrehgestelle
Die Triebdrehgestelle beider Baureihen sind baugleich. Sie verfügen über jeweils zwei fremdbelüfteten und innengekühlten Drehstrom-Asynchronmotoren, die fest an einem Hilfsrahmen montiert sind. Dieser Hilfsrahmen ist unterhalb des Drehgestellrahmens über Blattfedern und einem Dämpfer pro Seite befestigt. Der Fahrmotor hat eine Leistung von 500 kW. Im gesamten Zug befinden sich 16 Fahrmotoren.

Das achsreitende Getriebe ist über eine obere und eine untere Schichtfeder mit dem Drehgestellrahmen verbunden. Die Verbindung vom Motor zum Getriebe erfolgt über eine Bogenzahnkupplung. An den Langträgern der Triebdrehgestelle befinden sich Konsolen zur Aufnahme der Radscheibenbremsen. Die außenliegenden Radsätze sind mit Besandungsanlagen versehen. Die vorlaufenden Radsätze der Enddrehgestelle sind mit Spurkranzschmierung und Schienenräumer ausgerüstet.

Ansicht eines Triebdrehgestells. Gut zu erkennen an den Radscheibenbremsen 


Ungebremster Radsatz
Die Radsätze 3 in TW 2 und TW 7 sind ungebremste Radsätze. Dieser Radsatz ist zusätzlich zum Doppeldrehzahlgeber für Gleitschutz und Rollüberwachung mit einem Doppelspurdrehzahlgeber ausgerüstet. Die ASG der benachbarten Wagen lesen diesen Geber ein. In jedem Zugverband gibt es nur einen ungebremsten Radsatz. Dieser befindet sich immer in der Traktionseinheit, in der sich der besetzte Führerstand sowie Zugmaster ZSG und Zugbremsmanager befinden. Bei einer Schnellbremsung werden alle Radsätze gebremst. Das Wagen-BSG des betreffenden Trafowagens (TW) aktiviert die Funktion „ungebremster Laufradsatz“. Dies wird erreicht, in dem das Gleitschutzventil während Betriebsbremsungen angesteuert wird.