ICE 1 - das Diagnosesystem

Das Diagnosesystem im ICE 1

 

Die Triebköpfe des ICE 1 verfügen über ein eigenständiges Diagnosesystem DAVID (= Diagnose-, Aufrüst- und Vorbereitungsdienst mit integrierter Displaysteuerung). Alle Mittelwagen sind mit dem System ZEUS (=Zentrale Einrichtung zur Überwachung und Steuerung) ausgestattet. Das System ist hierarchisch aufgebaut und arbeitet unabhängig von den Steuer- und Regelfunktionen des gesamten Triebzuges.

Es führt verschiedene Aufgaben selbst durch, wie beispielsweise:

  • Stillstandsprüfung vor Fahrtbeginn
  • automatischer Aufrüstvorgang inklusive automatischer Bremsprobe (das automatische Aufrüsten ist deaktiviert, nur das aufgerüstet abstellen inkl. automatischer Bremsprobe ist aktiv)
  • Funktionsdiagnose während der Fahrt
  • Instandhaltungsdiagnose in der Werkstatt


Aufrüst- und Vorbereitungsdienst
1991 warb die DB mit dem Slogan „Der Zug, der früher aufsteht als sein Lokführer“. Damit war DAVID gemeint, ein System, das den Triebzug für den nächsten Einsatz vorbereitet. Es umfasst das Aufrüsten des Zuges bzw. die Stillstandsprüfung bei einem aufgerüstet abgestellten Zug, die volle Bremsprobe mit Bremsberechnung sowie das Vorklimatisieren von Führerstand und Wagen.

Das erstmals im ICE 1 verwendete System hat den großen Vorteil, dass Bremsproben, die bei langen Zügen sehr aufwendig sind, da sie manuell an jedem Wagen durchgeführt werden müssten, selbstständig und vollautomatisch von DAVID durchgeführt werden. Dies bedeutet eine große Zeitersparnis im Vorbereitungsdienst. „Aufgerüstet abgestellt“ bedeutet: Der Stromabnehmer ist hoch, Hauptschalter und Zugsammelschienen sind eingeschaltet. Hierzu muss der Lokführer mit einem Leuchttaster an der Rückwand diesen Vorgang einleiten. Anschließend werden vom System folgende Arbeitsschritte durchgeführt:

  • Ausschalten des Hauptschalters (Trennung der Traktionsstromrichter nur im spannungslosen Zustand möglich)
  • Traktionsstromrichter werden vom Transformator getrennt, wodurch sich Zwischenkreise entladen und spannungslos werden Hilfsbetriebeumrichter HBU 1 und HBU 2 erhalten den Befehl, die traktionsbezogenen Lüftermotoren abzuschalten
  • Kleinlüfter und Druckschutzventilatoren der Führerraumklimaanlage (durch HBU 3 betrieben) werden abgeschaltet
  • Führerraum-Klimaanlage wird abgeschaltet
  • HBU 3 erhält den Befehl, die restlichen Hilfsbetriebe nach dem Wiedereinschalten des Hauptschalters mit zwei Dritteln der Normaldrehzahl zu betreiben
  • Die Hauptluftbehälterleitung wird durch das Abschließen des Absperrventils in beiden Triebköpfen von den Hauptluftbehältern abgehängt.

Nachdem das Verfahren „aufgerüstet abgestellt“ beendet ist, gibt der Lokführer im linken DAVID-Display den nächsten Übergabetermin ein. Sollte während der Abstellzeit ein Defekt auftreten, so kann der Triebzug selbstständig über die eingegebene Zugnummer oder die Nummer des Abstellgleises einen Hilferuf senden. So können eventuelle Verzögerungen bei der Bereitstellung behoben werden. Nachdem das Führerbremsventil abgeschlossen und der Fahrtrichtungsschalter in die Nullstellung umgelegt sind, wird der Richtungsschlüssel abgezogen. Die Schlusssignale leuchten und DAVID überwacht dann kontinuierlich den abgestellten Triebzug.

Treten Störungen auf, werden diese über den Lichtwellenleiter (LWL) erfasst und per Datentelegramm gemeldet. Im Notfall ist auch das Ausschalten des Hauptschalters durch DAVID möglich. Die Vorbereitungen des aufgerüstet abgestellten Triebzuges beginnen zwei Stunden vor der eingegebenen Übernahmezeit:

  • Zuerst wird die Führerraum-Klimaanlage eingeschaltet
  • Danach erhält die zentrale Bremssteuerung den Befehl, mit der Bremsprobe zu beginnen: Diese dauert rund 20 Minuten und umfasst die Durchgangsprüfungen der Hauptluftbehälterleitung
  • Die Zustandsprüfung der Federspeicherbremsen in den Triebköpfen
  • Die Funktionsprüfung der durchgehenden Druckluftbremse mit gleichzeitiger Prüfung der Gleitschutzeinrichtungen
  • Die Funktionsprüfung der Mg-Bremse und
  • die Ermittlung der wirksamen bei der Bremsberechnung zu berücksichtigenden Bremseinrichtung.
  • Anschließend wird von der Bremssteuerelektronik im führenden Triebkopf die Anzahl der wirksamen Bremseinrichtung ermittelt und an DAVID zur Bremsberechnung und Feststellung der Bremshundertstel übermittelt.
  • Zum Schluss werden die Fahrgasträume vorklimatisiert.


Zum Übergabetermin kann der Lokführer den Zug übernehmen, sobald der Vorbereitungsdienst erfolgreich abgeschlossen wurde. Die Übergabe erfolgt anschließend durch das Umstellen des Fahrtrichtungsschalters aus der Nullstellung, wodurch DAVID den Vorbereitungsdienst einstellt.Durch Betätigen des Tasters „Fahren“ an der Rückwand wird der Zug wieder in den fahrbereiten Zustand versetzt. Die Hauptschalter werden wieder eingeschaltet, wodurch auch die Zwischenkreise der Traktionsstromrichter reaktiviert werden. Danach folgt die noch ausstehende Prüfung der Netzbremse. Der Tf legt den Fahrschalter in die Stellung Fahren, wodurch die Antriebssteuergeräte den Befehl
erhalten, die Stromrichter zu takten. Dadurch ist eine Aussage über die Wirksamkeit der Netzbremse aller Triebdrehgestelle möglich. Die Bremsberechnung wird neu aufgestellt und ist in der endgültigen Fassung dem Display zu entnehmen. Eine anschließende Funktionsprüfung des Führerbremsventils ist durchzuführen.

Allerdings ist auch eine Funktionsprüfung LZB/PZB und AFB nötig. Diese Prüfungen laufen automatisch ab und werden vom Lokführer angestoßen. Anschließend erfolgt die Überprüfung aller Leuchtmelder. Nun trägt der Lokführer die Bremshundertstel am Zugdateneinstellgerät im Maschinenraum ein. Diese Daten werden anschließend zur Bremskurvenberechnung an die LZB übertragen. Und zum Schluss folgen noch einige kleine Vorbereitungen, wie Zugfunkgerät einstellen, Eingabe der Zug- und Lokführernummer, Überprüfung des Makrofons und das Bereitlegen
und Aufrufen aller benötigten Fahrpläne und Unterlagen.

Funktionsdiagnose
Die drei Ebenen Zugdiagnose (DAVID), Fahrzeugdiagnose (ZEUS) und Subsystem-Diagnose gehören u. a. zur Diagnosestruktur. Jeder Triebkopf besitzt zwei redundante DAVID-Systeme mit jeweils einem MICAS-S-Rechner. Im Störungsfall werden die Diagnosedaten im betroffenen Subsystem abgespeichert und an DAVID übermittelt. ZEUS übermittelt wiederum die ermittelten Daten an DAVID.

Das Diagnosesystem übernimmt mehrere Funktionen:

  • Erstellung der Datenverbindung zwischen den Subsystemen und dem Fahrzeugdiagnosegerät
  • Zugdiagnose mit Datenverbindung über den LWL der Zugsteuerung. Hierbei werden ausgewählte Diagnosesignale des Zugverbandes im Speicher des DAVID-Triebkopfgerätes abgelegt und evtl. auf dem Display angezeigt. Ebenso sind manuelle Eingaben des Zugbegleiters mithilfe von vorgegebenen Codes möglich.
  • Überwachung der Lagertemperatur der Hohlwellen –und Fahrmotorlager sowie des Laufwerks
  • Speichern, Verwalten und Abgleichen von Diagnosedaten für die Erstellung einer zentralen Triebkopf- und Zugdiagnose
  • Anzeige der Betriebszustände auf der Anzeige- und Bedientafel


Datenfernübertragung von Diagnosedaten zu dem nächsten ICE-Werk
Etwa eine Stunde vor Ankunft im Endbahnhof mit einem ICE-Werk (Hamburg-Eidelstedt, München, Frankfurt-Griesheim, Berlin-Rummelsburg, Dortmund) werden an festgelegten Übertragungspunkten die im Rechner aufgestellte Störungsliste über Funk dem Werk übermittelt, eine manuelle Sendung der DFÜ-Daten kann mittels eines Tasters angestoßen werden. So können Ersatzteile, die nicht sofort auf Lager liegen, noch rechtzeitig besorgt oder Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt werden. So werden längere Standzeiten in den Werken vermieden, der Einsatz der Züge wird wirtschaftlicher.

 

 

 

 

ZEUS-Display in einem ICE 1-Mittelwagen. Hier werden Störungen in den Mittelwagen angezeigt, es können Abhilfemaßnahmen abgerufen werden und es werden auch Mängel vom Zub oder Bordtechniker eingetragen