ICE 3 - das Bremssystem

Bremssystem im ICE 3

Der Zugbremsmanger wird über die AFB angesteuert. Zugbremsmanager wird das Bremssteuergerät in dem Endwagen, wo der Fahrtrichtungsschalter aus der Stellung 0 verlegt wird. Der Bremsmanager errechnet dann in Abhängigkeit der aktuellen Stellung des Bremsstellers anhand der Zugmasse und der Sollverzögerung die erforderlichen Bremskräfte und teilt sie entsprechend auf die Bremssysteme auf. Im AFB-Betrieb übernimmt die AFB die Aufteilung der Bremssysteme und übergibt für jedes System einen Sollwert an den Zugbremsmanager. Dieser verteilt dann die Werte an die MVB-Segmentbremsmanager. Diese geben die Sollwerte zu den einzelnen Bremssteuerkomponenten weiter. Sie ermitteln die aktuell verfügbaren Bremskräfte und melden diese zurück an den Zugbremsmanger.

Zu den Bremssteuerkomponenten zählen die Bremssteuergeräte für die pneumatische Bremse, die Antriebssteuergeräte für die generatorische Bremse sowie eine Kombination der Steuergeräte für die Ansteuerung der linearen Wirbelstrombremse. Die Endwagen verfügen über zwei Bremssteuergeräte, wobei eins davon nur auf die zugweite Funktionen (z. B. Steuerung der HL) beschränkt ist. Alle anderen Wagen verfügen über ein Bremssteuergerät (BSG).Neben den BSG sind auch die zentralen Steuergeräte ZSG und die Antriebssteuergeräte ASG maßgeblich am Bremsvorgang beteiligt. Die ASG steuern entsprechend die generatorische Bremsen sowie den Strom für die Wirbelstrombremse. Über das ZSG wird die AFB-Funktion gesteuert.

Die Kommunikation aller am Bremsmanagement beteiligten Rechner erfolgt durch den MWB und den WTB. Zusätzlich sind weitere Steuerleitungen vorhanden. Dazu gehören die Schnellbremsschleife, die Fahrgast-Notbremsschleife, die Bremse gelöst-Schleife und die Federspeicherbremsen-Überwachungsschleife. Ferner gibt es noch ein paar weitere Bremssteuerleitungen für das lösen der pneumatischen Bremse, für das anlegen und lösen der Federspeicherbremse. Im EW 1 sind 8 Sifa-Schleifen vorgesehen, die zur Übertragung des Sifa-Bremsbefehls vom ZSG zum Bremsmanager dienen.


Bremsarten

GB = generatorische Bremse
WB = Wirbelstrombremse
PB = pneumatische Bremse


Es gibt verschiedene Arten von Bremsungen, hier eine Übersicht:

  • Betriebsbremsung
    wird im manuellen Betrieb beim Anwählen einer der acht Bremsstufen aktiviert

  • Schnellbremsung
    Auslösung durch die Lage des Bremsstellers in SB, durch die Betätigung eines Notbremsventils, durch den Eingriff eines der Zugbeeinflussungssysteme oder durch die Unterbrechung der Schnellbremsschleife. Die Bremsleistung wird entsprechend der Geschwindigkeit durch die GB, WB oder PB erreicht.

  • Zwangsbremsung         
    Sie werden nicht unmittelbar vom Lokführer oder der AFB eingeleitet und können Schnell- oder Vollbremsungen sein. Dazu gehören folgende Möglichkeiten:

    • Fahrgastnotbremse
      Durch Betätigung wird eine Vollbremsung beim Zugmanager ausgelöst. Im MFA leuchtet dauerhaft ein Leuchtmelder und eine Sprachausgabe ertönt. Die Anzeigen bleiben bis zur Rückstellung erhalten. Durch verlegen des Führerbremsventils in die Stellung „Füllen“, kann die FNB-Anforderung überbrückt werden, um z. B. außerhalb eines Tunnels zum Stehen zu kommen (Notbremsüberbrückung)

    • Sifa löst Zwangsbremsung aus
      Wird der Lokführer auf einmal ohnmächtig, so wird nach 30 Sekunden die Sifa wirksam. Dieser Vorgang wird vom ZSG dem Zugbremsmanger sowohl über die Sifa-Schleife als auch über den MVB übermittelt. Die Vollbremsung wird eingeleitet

    • Zwangsbremsung durch PZB/LZB
      PZB und LZB können durch Öffnen der Schnellbremsschleife eine Schnellbremsung einleiten. Dies geschieht z. B., wenn die Bremskurve bei einer PZB-Beeinflussung nicht entsprechend unterfahren wird

    • Schlauchriss HL
      Würde die Hauptluftleitung reißen, so wird diese auf 0 bar entlüftet. Die PB spricht an. Vom Zugverbandmanager wird durch die Drucküberwachung der Riss erkannt, ein Schnellbremsbefehl mit Beteiligung der GB und WB wird erzeugt.

    • Schnellbremsschleife wird unterbrochen
      Wird diese Schleife unterbrochen, wird eine Schnellbremsung eingeleitet. Eine Unterbrechung kann z. B. durch die Trennung des Zuges an der Frontkopplung ohne Entkupplungsbefehl (Zugtrennung) hervorgerufen werden.

  
Bremssysteme
Der ICE 3 verfügt über drei Bremssysteme in der operationellen Reihenfolge:

  • generatorische Netzbremse in allen Triebdrehgestellen (EW 1/8, SW 3/6)
  • lineare Wirbelstrombremse in allen Laufdrehgestellen der nicht angetriebenen Wagen (TW 2/7, MW 4/5)
  • pneumatische Scheibenbremse in allen Wagen
  • Federspeicherbremse als Bremszange an jedem Laufradsatz als zusätzliche Haltebremse


Die generatorische Netzbremse
Sie ist das bevorzugte Bremssystem, da sie verschleißarm arbeitet und auch noch Energie zurückgewonnen werden kann. Bei Betriebsbremsungen wird von der AFB/Zugbremsmanager der Bremskraftsollwert für die GB ermittelt und über den MVB an die einzelnen Antriebssteuergeräte weitergeleitet. Diese ASG übernehmen dann die Steuerung der Bremse. Die dabei gewonnene Energie wird in die Oberleitung zurückgespeist. Bei der Baureihe 406 kann die Rückspeisung nur in AC-Netzen erfolgen. Die überschüssige Energie wird dann den Bremswiderständen zugeleitet. Jedoch wird von vornherein die Bremsleistung begrenzt, bis der Strom im Bremswiderstand auf 0 gefallen ist. Das ASG meldet dann die verringerte Bremsleistung an das Bremsmanagement weiter. So wird die fehlende Bremskraft auf andere Bremssysteme verteilt. Sollte das jeweilige Bahnnetz wieder mehr Energie aufnehmen können, so erhöht das ASG den Wert der maximalen generatorischen Bremskraft.

  
Die Wirbelstrombremse
Alle Laufdrehgestelle besitzen Wirbelstrombremsen. Bereits im ICE 1 wurde an einen derartigen Einsatz gedacht, jedoch waren die Strecken nicht dafür geeignet. Lediglich die Strecken Hannover – Würzburg, Berlin - Hannover und Köln – Frankfurt sind für diese Einsätze präpariert und geeignet. Unter 50 km/h kommt die Wirbelstrombremse nicht zum Einsatz. Erheblicher Nachteil der WB ist, das durch die Induktion von Strömen eine entsprechende Erwärmung der Schienen erzeugt wird. Weiterer genereller Nachteil ist, das ältere Gleisschaltmittel, wie z. B. Achszähler, durch die elektromagnetische Wirkung gestört werden.


Laufdrehgestell mit Wirbelstrombremse

Die Funktionsweise der Wirbelstrombremse ist relativ einfach. Die Traverse mit den Elektromagneten wird bis zu einer Höhe von 7 mm über Schienenoberkante heruntergelassen. Dadurch wird ein Magnetfeld erzeugt. Zusammen mit der Bewegung des Zuges werden in der Schiene Wirbelströme, die ihrerseits Magnetfelder erzeugen, erzeugt. Somit wirken diese Felder dem Erregerfeld entgegen und die Bremswirkung entsteht. Bei der Magnetschienenbremse wird der Magnet auf die Schiene herabgelassen, sodass dieses Bremssystem durch die Reibung recht verschleißanfällig ist. Der Einsatz der Wirbelstrombremse kann sowohl bei Betriebsbremsungen als auch bei Schnellbremsungen erfolgen.


Die pneumatische Bremse
Die pneumatische Bremse beim ICE 3 besteht aus jeweils zwei Radscheibenbremsen pro Radsatz bei den Triebdrehgestellen und zwei innenbelüfteten Wellenbremsscheiben aus Stahl (s. Foto am Seitenende) pro Radsatz bei den Laufdrehgestellen. Beim 406 sind es drei innenbelüftete Wellenbremsscheiben pro Radsatz. Weiterhin hinzu gehören die Bremszangen für die Radbremsscheiben, die Kompaktbremszangen ohne Federspeicher und mit Federspeicher, die Betriebsbremszylinder und die Hauptluftleitung. Die Bremsbeläge selbst sind eine Neuentwicklung der Firma Knorr und bestehen aus Sintermetall auf Knorr-Isobar-Unterbau. Durch ihre Sechskantform passen sie sich besser auf eventuelle Verzüge der Bremsscheiben an.

Radscheibenbremse

Die Bremszylinder der Triebdrehgestelle sind an den Drehgestell-Langträgern befestigt. Bei den Laufdrehgestellen befinden sich diese an einen zusätzlichen Bremsquerträger, der an den Querträgern des Drehgestellrahmens befestigt ist. Jeweils eine Bremszangeneinheit pro Laufradsatz ist mit einem Federspeicher als Feststellbremse versehen. Das Anlagen und Lösen erfolgt über ein Magnet-Impulsventil, zudem können sie mechanisch gelöst werden.


Ein Blick unter den ICE 3 (2003): Gut zu sehen die beiden Wellenbremsscheiben und dahinter die WB-Magnete