Buchvorstellung "Fehler im System"

Buchvorstellung "Fehler im System - Eisenbahnunfälle als Symptom einer Bahnkrise"

Ritzau KG - Verlag Zeit und Eisenbahn
ISBN 3-921 304-33-4
344 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Zeichnungen, farbig/sw
Preis: 26 EUR

 

Das ICE-Unglück steckt vielen noch tief in den Knochen, die schrecklichen Bilder können viele nicht mehr vergessen. 101 Menschen starben ab 3. Juni 1998, als der ICE 884 "Wilhelm Conrad Röntgen" mit 200 km/h im niedersächsischen Ort Eschede gegen eine Brücke prallt. Über 100 wurden verletzt, ganze Familien zerstört. Die Angst fährt teilweise nach knappen 6 Jahren noch mit. Schuld war ein gebrochener Radreifen, dessen Unrundheit in der Nacht auf den 3. Juni im ICE-Werk München zwar festgestellt, aber nicht behoben wurde. Die Radreifen-Hersteller führten nicht genügend Tests durch, um die gummigefederten Radreifen auch gründlich zu testen. Sie wurden im Eschede-Mamut-Prozess freigesprochen. Seitdem wird über Eschede nicht mehr gesprochen.

Die Autoren Jürgen Hörstel und Hans-Joachim Ritzau gehen in diesem Buch auf das Unglück ein, sie stellen dabei auch grundsätzliche Fragen zur Sicherheit im System Bahn/ICE. Viele noch unbekannte Bilder aus Eschede und Zeichnungen unterstreichen das Kapitel "Die Katastrophe von Eschede".
Aber nicht nur das ICE-Unglück in Eschede, sondern auch viele andere Eisenbahnunfälle werden in diesem Buch analysiert, so z. B. das Zugunglück von Brühl im Jahre 2000 oder in Jühnde und Immenstadt (1999).

Desweiteren führen die Autoren eine Chronik über Bahnunfälle und auch die alltäglichen Zwischenfälle, wie beispielsweise Bahnanschläge, Gewalttaten in Zügen, Arbeits- und Personenunfälle, Betriebsstörungen und technische Defekte sowie Unfälle an Bahnübergängen.
Auf die aktuelle Situation der Bahn wird eingegangen, indem beispielsweise das NBS-Rettungskonzept analysiert wird. Ein Sicherheitsvergleich Schiene und Straße sowie ein Blick ins Ausland oder die alltäglichen Fahrzeugprobleme sowie Investitionen in Sicherheit und Zukunft werden erläutert. Wie die Medien mit der Bahn umgehen, das kann auf über 20 Seiten nachgelesen werden. Aber auch die Betrachtung des Systems Bahn in der Politik wird behandelt.

In diesem Buch möchten die Autoren die Bahn nicht kritisieren, sondern nur zeigen, dass die Bahn kompetente Führungskräfte benötigt. Eine Bahn, die durchaus Zukunft hat - bei kompetenter und richtiger Führung.

Desweiteren wird aber auch gezeigt, dass einige Eisenbahnkatastrophen sachlich verfälscht werden. Dazu gehört das Unglück von Leichholz im Jahre 1941, wo falsche Daten an die Öffentlichkeit getragen wurden. Falsche Recherche und mangelnde Sachkenntnis sind die Ursachen für derartike "pseudo-historiographische" Verarbeitung in der Gegenwart.
Abgerundet wird das Buch von einem Abkürzungs- und Ortsverzeichnis sowie zwei Texten "Das verfehlte Basa-Geschäft" und "Eine satte Sechs für die Bahnreform". Zudem runden die ausführlichen Untersuchungen der Großheringer Flankenfahrt 1935 das Buch ab.

Ein sehr gutes Buch über das System Bahn und den Bahnunglücken in den vergangenen Jahrzehnten. Sehr empfehlenswert!

 

Inhaltsverzeichnis

Teil A
I. Die Katastrophe von Eschede
1. Erste Meldungen
 
2. Fahrt und Lage vor Ort
3. Die Rettungs- und Bergungsaktion
4. Folgen und Notprogramm
5. Die Suche nach der Ursache
6. Kritik am ICE-System
7. Die Verarbeitung der Katastrophe
 
II. Unfall-Chronik der Deutschen Bahnen - Fortführung 9/97 - 10/2000
1. Entgleisung, Zusammenstöße, Aufpralle
Immenstadt, 18.2.1999
Jühnde, Nacht vom 1. auf den 2.3.1999
Brühl, 6.2.2000

•Die örtlichen Gegebenheiten
•Die Fahrt auf Ersatzsignal
•Die Betriebs- und Bauanweisung
•Die Einträge in die La
•Die La-Signalisierung
•Die Betriebsabwicklung im Bereich Brühl
•Der Ausbildungsstand der Lokführer
 
2. Bahnanschläge und Eingriffe in den Bahnbetrieb
3. Gewalttaten in Zügen oder auf Bahngelände
4. Rotten- und Arbeitsunfälle
5. Personenunfälle im Bahnbereich
6. Zusammenpralle am BÜ
7. Technische Defekte und sonstige Betriebsstörungen
 
III. Symptome einer Sicherheitskrise? - Zur aktuellen Situation
1. Unfallhäufung
2. Externe Einflüsse
3. Interne Einflüsse
4. NBS-Rettungskonzept in Theorie und PRaxis
5. Blick ins Ausland
6. Schiene und Straße im Sicherheitsvergleich
7. Das alltägliche Bild der Bahn
8. Fahrzeugprobleme
9. Investition in Sicherheit und Zukunft
10. Resümee
 
IV. Das Echo - Bahn und Medienwelt im Widerspruch
1. Zur Berichterstattung der Medien
2. Die neue Deutsche Bahn in Selbstdarstellung und Presse
3. Eschede im Internet - Forum der privaten Öffentlichkeit
 
Teil B
I. Die Eisenbahnkatastrophe bei Großheringen am 24.12.1935
1. Die Flankenfahrt
2. Betriebliche Umstände vor dem Unfall
3. Die Fahrt des D 44 in die Katastrophe
4. Die Gerichtsverhandlung
5. Das Urteil
 
II. Eisenbahnunfälle - Kriterien des Systems. Auch eine zeitübergreifende Untersuchung zur Ermittlungs- und Rechtspraxis
1. Gutachten und richterliche Wahrheitsfindungen am Beispiel der Katastrophe von Großheringen
2. Vorspannlok-Heizer Gutjahr und die gute alte P 8
3. Die kaschierte Fehlleistung der Lokleitung des BW Weißenfels
4. Bande, Führer der Stammlok des D 44 und das gerichtliche Fehlurteil
5. Der Prozess zu Großheringen in der Presse
6. Thematisch einschlägige Vergleichsfälle
7. Das ende eines Systems - mit Mehdorn an die Börse
 
III. Eisenbahnkatastrophen und ihre pseudo-historiographische Verarbeitung in der Gegenwart
1. Das Unglück von Leichholz 1941 als Beispiel sachlicher Verfälschung
2. Das Unglück von Burkau 1945 als Beispiel für mangelhafte Recherche und Sachkenntnis
 
IV. Chronik-Nachträge und Ergänzungen 1878 bis 8/1997
1. Entgleisungen, Zusammenströße und Aufpralle
2. Bahnanschläge und Eingriffe in den Bahnbetrieb
3. Zusammenpralle an BÜ
4. Technische Defekte und sonstige Betriebsstörungen
 
Anhang
Das verfehlte Basa-Geschäft
 
Eine satte Sechs für die Bahnreform
Systmatik der Unfall-Ursachen-Kennziffer
Ortsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Verlagsprogramm